Dritte Pflegearbeitsbedingungenverordnung

Dritte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche

Eingangsformel

Auf Grund des § 11 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Absatz 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799) verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, nachdem es den in den Geltungsbereich dieser Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Parteien von Tarifverträgen, die zumindest teilweise in den fachlichen Geltungsbereich dieser Rechtsverordnung fallen, und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber in der Pflegebranche festlegen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben hat:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Pflegebetriebe. Dies sind Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringen. Keine Pflegebetriebe im Sinne des Satzes 1 sind Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen, sowie Krankenhäuser.
(2) Diese Verordnung gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie gilt nicht für:
1.
Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz sowie
2.
Pflegeschülerinnen und Pflegeschüler.
(3) Diese Verordnung gilt nicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Pflegebetriebe in folgenden Bereichen:
1.
in der Verwaltung,
2.
in der Haustechnik,
3.
in der Küche,
4.
in der hauswirtschaftlichen Versorgung,
5.
in der Gebäudereinigung,
6.
im Empfangs- und Sicherheitsdienst,
7.
in der Garten- und Geländepflege,
8.
in der Wäscherei sowie
9.
in der Logistik.
(4) Abweichend von Absatz 3 gilt diese Verordnung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Absatzes 3, soweit sie im Rahmen der von ihnen auszuübenden Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens 25 Prozent ihrer vereinbarten Arbeitszeit gemeinsam mit Bezieherinnen und Beziehern von Pflegeleistungen tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig werden, insbesondere als:
1.
Alltagsbegleiterinnen und -begleiter,
2.
Betreuungskräfte,
3.
Assistenzkräfte oder
4.
Präsenzkräfte.
(5) Diese Verordnung findet für eine berufliche Orientierungsphase, die als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist, für die Dauer von bis zu sechs Wochen keine Anwendung.

§ 2 Mindestentgelt

(1) Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein

– ab dem 1. November 2017:10,20 Euro je Stunde,
– ab dem 1. Januar 2018:10,55 Euro je Stunde,
– ab dem 1. Januar 2019:11,05 Euro je Stunde,
– ab dem 1. Januar 2020:11,35 Euro je Stunde.

Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

– ab dem 1. November 2017: 9,50 Euro je Stunde,
– ab dem 1. Januar 2018:10,05 Euro je Stunde,
– ab dem 1. Januar 2019:10,55 Euro je Stunde,
– ab dem 1. Januar 2020:10,85 Euro je Stunde.
(2) Das nach Absatz 1 maßgebliche Mindestentgelt ist auch für Wegezeiten zwischen mehreren aufzusuchenden Patientinnen oder Patienten sowie gegebenenfalls zwischen diesen und den Geschäftsräumen des Pflegebetriebs zu zahlen.
(3) Das nach Absatz 1 maßgebliche Mindestentgelt ist für Zeiten des Bereitschaftsdienstes gemäß den nachstehenden Grundsätzen zu zahlen. Bereitschaftsdienste im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent beträgt. Bereitschaftsdienste sind im Dienstplan zu hinterlegen.
(4) Zum Zwecke der Entgeltberechnung kann die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer schriftlichen einzelvertraglichen Regelung zu mindestens 40 Prozent als Arbeitszeit bewertet werden. Zeiten des Bereitschaftsdienstes, die über 64 Stunden im Kalendermonat hinausgehen, sind mit dem Mindestentgelt nach Absatz 1 zu vergüten. Das Gleiche gilt, wenn die Arbeitsleistung innerhalb eines Bereitschaftsdienstes mehr als 25 Prozent umfasst.
(5) Die monatlich ausgezahlte Bruttovergütung geteilt durch die geleisteten Arbeitsstunden einschließlich der Bereitschaftsstunden muss stets mindestens die jeweilige Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz erreichen.
(6) Von dieser Verordnung nicht erfasst werden Zeiten der Rufbereitschaft. Rufbereitschaft im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Das Vorliegen von Rufbereitschaft in diesem Sinne ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel ausgestattet ist. Im Falle einer Arbeitsaufnahme ist die geleistete Arbeitszeit einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten mindestens in Höhe des nach Absatz 1 maßgeblichen Mindestentgelts zu vergüten.
(7) Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes bleiben unberührt.

§ 3 Fälligkeit

(1) Das in § 2 festgelegte Mindestentgelt wird für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit spätestens zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist. Über die vertraglich vereinbarte Stundenzahl hinausgehende Arbeitsstunden können auf der Grundlage schriftlicher einzelvertraglicher oder kollektivrechtlicher Vereinbarungen bis zu einer Gesamthöhe von 225 Arbeitsstunden in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Der Ausgleich dieser Arbeitsstunden kann durch Auszahlung des auf die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden entfallenden Entgeltes oder durch bezahlte Freizeit erfolgen. Im Fall einer Überschreitung der in Satz 2 genannten Obergrenze gilt für die Fälligkeit des Anspruchs auf Vergütung dieser Arbeitsstunden die Regelung nach Satz 1.
(2) Die Obergrenze von 225 Arbeitsstunden nach Absatz 1 Satz 2 gilt nicht, wenn der Ausgleich der über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden zum Ende eines Ausgleichszeitraums mit einer Länge von höchstens 16 Monaten in der Arbeitszeitkontenvereinbarung vereinbart ist. Der Anspruch auf Vergütung von Arbeitsstunden, die in ein Arbeitszeitkonto eingestellt wurden und nicht innerhalb des Ausgleichszeitraums nach Satz 1 ausgeglichen wurden, wird mit Ablauf des für diese Arbeitsstunden geltenden Ausgleichszeitraums fällig. Die Obergrenze von 225 Stunden gilt des Weiteren nicht für Wertguthaben auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes, der §§ 7b und 7e des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder einer im Hinblick auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbaren ausländischen Regelung.
(3) Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen.
(4) Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes bleiben unberührt.

§ 4 Ausschlussfrist

Die Ansprüche auf das Mindestentgelt verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

§ 5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. November 2017 in Kraft und am 30. April 2020 außer Kraft.