Fürsorge- und Aufsichtsordnung

Erste Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Pflichten und Rechte der Lehrkräfte und Erzieher - Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte der Volksbildung -

Eingangsformel

Auf Grund des § 21 der Verordnung vom 22. September 1962 über die Pflichten und Rechte der Lehrkräfte und Erzieher - Arbeitsordnung für pädagogische Kräfte der Volksbildung - (GBl. II S. 675) wird im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission und dem Zentralvorstand der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung zur Durchführung des § 2 Absätze 2 und 3 folgendes bestimmt:

§ 1 Geltungsbereich

Diese Durchführungsbestimmung gilt für den im § 1 der Verordnung über die Pflichten und Rechte der Lehrkräfte und Erzieher genannten Personenkreis.

§ 2

(1) Die Leiter, Lehrkräfte und Erzieher der Einrichtungen haben in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit eine umfassende Fürsorge und Aufsicht der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu sichern.
(2) Ihnen obliegt insbesondere:
a)
die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen zur Selbständigkeit und zum Verantwortungsbewußtsein für unsere sozialistische Gesellschaft zu erziehen,
b)
durch Bildung und Erziehung die Kinder und Jugendlichen zu befähigen, Gefahren zu erkennen,
c)
durch Erziehung der Kinder und Jugendlichen zu bewußter Disziplin zu sichern, daß richtiges Verhalten bei ihnen zur Gewohnheit wird,
d)
durch ihr Vorbild die Kinder und Jugendlichen zur Achtung des Volkseigentums zu erziehen, so daß sie es als ihre persönliche Verpflichtung und gesellschaftliche Notwendigkeit ansehen, Schäden und Unfälle zu vermeiden und selbst Vorschläge zu ihrer Verhütung machen,
e)
durch gute Vorbereitung, Gestaltung und Kontrolle der gesamten Bildungs- und Erziehungsarbeit Vorsorge zu treffen, daß die Kinder und Jugendlichen weder geistigen, sittlichen noch körperlichen oder materiellen Schaden erleiden, noch daß durch sie der sozialistischen Gesellschaft Schaden zugefügt wird.

§ 3

(1) Die Fürsorge und Aufsicht erstreckt sich nach Maßgabe der §§ 5 bis 7 dieser Durchführungsbestimmung:
a)
vom Betreten des Grundstücks der Einrichtung bis zu seinem Verlassen,
b)
bei obligatorischen und fakultativen Veranstaltungen außerhalb des Grundstücks der Einrichtung auf Zeit und Ort der gesamten Veranstaltung,
c)
auf die Unterrichtswege, d.h. auf die Wege zwischen dem Grundstück der Einrichtung und anderen Orten von Schulveranstaltungen (z.B. Schulgebäude - Sportplatz - Betriebsbesichtigung). Den Unterrichtswegen werden Wege während der Unterrichtszeit oder innerhalb der Ganztagserziehung gleichgestellt.
(2) Der Schulweg, d.h. der Weg vom Elternhaus zur Einrichtung oder zum Ort der Schulveranstaltung und umgekehrt unterliegt nicht der Aufsicht durch die Einrichtung. Das gilt auch für die Wege vom Elternhaus zur außerunterrichtlichen Tätigkeit, zu Ferienveranstaltungen sowie für die Benutzung von öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln zur Einrichtung und den angeführten Veranstaltungen. Der Leiter soll jedoch im Zusammenwirken mit den Lehrern und Erziehern, der FDJ und Pionierorganisation, dem Elternbeirat und den Organen der Volkspolizei durch Aufklärung und Erziehung dafür Sorge tragen, daß die Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg erhöht wird.

§ 4

Sind Leiter, Lehrkräfte und Erzieher an Veranstaltungen beteiligt, die außerhalb der Verantwortung der Schulen und Erziehungseinrichtungen liegen, richtet sich ihre Fürsorge und Aufsicht nach den für alle Bürger der Deutschen Demokratischen Republik geltenden gesetzlichen Bestimmungen.

§ 5 Die Aufgaben des Leiters der Einrichtung

(1) Der Leiter einer Einrichtung hat in Wahrnehmung der Aufgaben und Pflichten, die sich für ihn nach der Arbeitsschutzverordnung vom 22. September 1962 (GBl. II S. 703; Ber. S. 721) in der Fassung der Zweiten Arbeitsschutzverordnung vom 5. Dezember 1963 (GBl. II 1964 S. 15) ergeben, durch geeignete Anleitung und Kontrolle alle Voraussetzungen zu schaffen, daß die Lehrkräfte und Erzieher zur Aufsicht und Fürsorge gegenüber den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen befähigt werden.
(2) Er hat insbesondere regelmäßig die Lehrkräfte und Erzieher über Fürsorge- und Aufsichtsmaßnahmen zu belehren. Diese Belehrungen sind aktenkundig zu machen.
(3) Der Leiter hat darüber hinaus auch andere Personen (Eltern, Werktätige aus Betrieben usw.), die zur Betreuung der Schüler oder zur Unterstützung der Lehrkräfte und Erzieher bei schulischen oder außerschulischen Veranstaltungen gewonnen und von ihm bestätigt wurden, in die ihnen obliegenden Aufgaben der Fürsorge und Aufsicht einzuweisen.
(4) Der Leiter hat darauf zu dringen, daß hinsichtlich der Gebäude der Einrichtung und anderer Orte von Schulveranstaltungen (wie z.B. Sportplatz - Feriengestaltung - Badeplatz) die gesetzlichen Bestimmungen zur Beseitigung von Unfallquellen eingehalten werden. Vorhandene Schäden hat er unverzüglich zu melden und gegebenenfalls ihre Behebung von den zuständigen Stellen zu fordern. Er ist berechtigt und verpflichtet, notfalls die Benutzung der entsprechenden Räume und Orte zu untersagen.
(5) Werden für das jeweilige Unterrichtsfach nicht speziell ausgebildete Lehrer mit dem Unterricht beauftragt (z.B. beim Sport, Chemieunterricht usw.), hat der Leiter die besondere Verantwortung für Auswahl und eingehende Belehrung der betreffenden Lehrer.
(6) Der Leiter regelt in der Hausordnung, wie die in dieser Durchführungsbestimmung getroffenen Festlegungen unter den konkreten Bedingungen der jeweiligen Einrichtung durchzusetzen sind. Für die Planung und Organisation der Fürsorge und Aufsicht ist er voll verantwortlich.
(7) Der Leiter ist verpflichtet, Verletzungen dieser Durchführungsbestimmung mit allen Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit der Abteilungsgewerkschaftsleitung bzw. Gewerkschaftsgruppe auszuwerten und die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Schwere Verstöße hat er sofort seiner vorgesetzten Dienststelle zu melden.

§ 6

(1) Die Lehrkräfte und Erzieher sind für die Fürsorge und Aufsicht gegenüber den Kindern und Jugendlichen des ihnen anvertrauten Klassen- oder Gruppenverbandes verantwortlich.
(2) Sie haben insbesondere die Pflicht:
-
die Umsicht und Gewandtheit der Kinder und Jugendlichen sowie die Hilfsbereitschaft der älteren Schüler gegenüber den jüngeren zu entwickeln und in ihnen Selbständigkeit, Selbstvertrauen und bewußtes Verhalten zu stärken;
-
zur Abwendung von Gefahren aufmerksam und umsichtig ihr ganzes fachliches Wissen und Können einzusetzen sowie stets mit vollem Einsatz ihrer Person und des persönlichen Mutes zu handeln;
-
regelmäßige Belehrungen über Gefahren- und Unfallquellen durchzuführen und sie im Klassenbuch einzutragen;
-
stets klare Weisungen zu erteilen, ihre Befolgung ständig zu überprüfen und notfalls zur Verhinderung von Unfällen und Schäden mit Nachdruck durchzusetzen.

§ 7

(1) Soweit nicht Festlegungen in der Stundentafel entgegenstehen, dürfen Lehrer und Erzieher Schüler ab 7. Klasse sowie Lehrlinge in der Regel ohne persönliche Begleitung Unterrichtswege zurücklegen oder feststehende Warte- oder Pausenzeiten verbringen lassen, es sei denn, daß der Direktor oder Leiter aus besonderen Gründen eine andere Regelung trifft.
(2) Lehrkräfte und Erzieher haben das Recht, vom Direktor oder Leiter der Einrichtung eine Entscheidung darüber zu erwirken, ob und inwieweit auch Schüler bis zur 6. Klasse bei entsprechenden Voraussetzungen ohne persönliche Begleitung durch den Lehrer oder Erzieher Unterrichtswege zurücklegen oder bestimmte Warte- oder Pausenzeiten verbringen können. Als Voraussetzungen hierfür gelten gute, bewußte Disziplin der Klasse oder Gruppe sowie Wege und Orte ohne besondere Gefahrenquellen usw.
(3) In jedem Fall, in dem eine unmittelbare persönliche Begleitung nach vorstehender Regelung unterbleibt, sind die Schüler oder Lehrlinge vorher eingehend zu belehren. Besonders geeignete Schüler sind mit der Leitung der Klasse oder Gruppe zu beauftragen. Diese Beauftragung soll in geeigneten Fällen nach Absprache mit Vertretern der Jugend- und Kinderorganisation erfolgen.
(4) Lehrkräfte und Erzieher haben das Recht, im Rahmen der Erziehung der Jugend zur Selbständigkeit einzelnen Kindern oder Jugendlichen besondere Aufträge zu erteilen. Alter und Entwicklungsstand der Kinder und Jugendlichen sind dabei, vor allem im Hinblick auf die Art des Auftrages, sorgfältig zu berücksichtigen. Sollen Kinder oder Jugendliche in den Wartezeiten Aufträge der Eltern ausführen, kann der Lehrer und Erzieher, für Schüler bis zur 4. Klasse bei Vorliegen einer schriftlichen Erklärung der Eltern, die Genehmigung dazu erteilen. In jedem Fall sind diese Kinder und Jugendlichen umfassend zu unterweisen.
(5) Besonders geeignete Schüler können im Interesse des Bildungs- und Erziehungsprozesses mit der Leitung und Beaufsichtigung von schulischen Veranstaltungen beauftragt werden. Der verantwortliche Lehrer behält in diesem Fall die Oberaufsicht und hat folgende Pflichten:
a)
sorgfältige Auswahl der Schüler (Mindestalter das vollendete 14. Lebensjahr),
b)
sorgfältige Einweisung und Belehrung,
c)
regelmäßige Anleitung und Kontrolle.

§ 8

Die besondere Verantwortung von Lehrkräften und Erziehern im naturwissenschaftlichen Unterricht, bei Sport und Schulwanderungen, Baden und bei Durchführung von schulischen Lehrveranstaltungen in Betrieben wird in hierfür geltenden Bestimmungen geregelt.

§ 9

(1) In Heimen der Jugendhilfe, in Sonderschulen und Einrichtungen des Sonderschulwesens sowie in Instituten für Lehrerbildung und Pädagogischen Schulen und in Einrichtungen der Volksbildung im Ausland ist diese Durchführungsbestimmung für die Fürsorge und Aufsicht gegenüber den Kindern und Jugendlichen unter Beachtung der konkreten Bedingungen, Erfordernisse und Umstände der jeweiligen Einrichtung anzuwenden.
(2) Nach Beratung mit der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung ist der Leiter der Einrichtung berechtigt, besondere Festlegungen in seinem Verantwortungsbereich zu treffen.

§ 10

(1) Die Abteilungen Volksbildung der Räte der Kreise und Städte und die wirtschaftsleitenden Organe sind verpflichtet, die Direktoren, Leiter, Lehrkräfte und Erzieher in der richtigen Anwendung der Fürsorge- und Aufsichtsordnung anzuleiten und zu kontrollieren.
(2) Der Sicherheitsbeauftragte der Abteilung Volksbildung des Rates des Kreises oder der Stadt sowie des wirtschaftsleitenden Organs kann zur Untersuchung von Verstößen gegen die Fürsorge- und Aufsichtsordnung zeitweilig erfahrene Pädagogen oder Sicherheitsinspektoren der Betriebe hinzuziehen.
(3) Stellt der Sicherheitsbeauftragte eine schuldhafte Verletzung der Fürsorge- und Aufsichtsordnung fest, unterbreitet er dem für ihn zuständigen Leiter entsprechende Vorschläge, wie z.B.
-
Auswertung und Behandlung im Arbeitskollektiv;
-
Behandlung vor der Konfliktkommission;
-
Einleitung eines Disziplinarverfahrens;
-
Benachrichtigung der zuständigen Staatsorgane.

§ 11

Diese Durchführungsbestimmung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.

Schlußformel

Der Minister für Volksbildung