Kraftfahrzeugtechnikermeisterverordnung

Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074) in Verbindung mit Artikel 56 Abs. 1 des Zuständigkeitsanpassungs-Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) und dem Organisationserlass vom 27. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3288) verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung:

§ 1 Gliederung und Inhalt der Meisterprüfung

(1) Die Meisterprüfung im Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk umfasst folgende selbständige Prüfungsteile:
1.
die Prüfung der meisterhaften Verrichtung der gebräuchlichen Arbeiten (Teil I),
2.
die Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II),
3.
die Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) und
4.
die Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV).
(2) Die Vorschriften der Meisterprüfungsverfahrensverordnung vom 17. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4154) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.
(3) Die Prüfung in den Teilen III und IV der Meisterprüfung bestimmt sich nach der Allgemeinen Meisterprüfungsverordnung vom 26. Oktober 2011 (BGBl. I S. 2149) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 2 Meisterprüfungsberufsbild

(1) Durch die Meisterprüfung im Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk wird festgestellt, dass der Prüfling befähigt ist, einen Handwerksbetrieb selbständig zu führen, Leitungsaufgaben in den Bereichen Technik, Betriebswirtschaft, Personalführung und -entwicklung wahrzunehmen, die Ausbildung durchzuführen und seine berufliche Handlungskompetenz selbständig an neue Bedarfslagen in diesen Bereichen anzupassen und umzusetzen.
(2) Dem Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk werden zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten als ganzheitliche Qualifikationen zugerechnet:
1.
Aufträge gemeinsam mit dem Kunden ermitteln, dabei die rechtlichen, technischen und organisatorischen Vorgaben beachten, Auftragsabwicklung planen und veranlassen, dabei die personellen, ausbildungs- und ausstattungsbezogenen und wirtschaftlichen Bedingungen berücksichtigen,
2.
Diagnose- und Prüfungsbedarf an Kraftfahrzeugen einschließlich Krafträdern und Flurförderzeugen, an Anhängefahrzeugen für Kraftfahrzeuge sowie an Fahrzeugbaugruppen, -systemen und -teilen feststellen, Diagnosen stellen, Kunden beraten und Reklamationen bearbeiten,
3.
Umfang von Unfall- und Karosserieschäden klären, Kundengespräche unter Beachtung der geltenden Rechtslage führen, Umfang der Instandsetzung festlegen, Dauer der Instandsetzung bestimmen und Termine vereinbaren,
4.
Kraftfahrzeuge einschließlich Krafträder und Flurförderzeuge, Anhängefahrzeuge für Kraftfahrzeuge sowie Fahrzeugbaugruppen, -systeme und -teile nach den Vorgaben der Hersteller zum Zwecke der Diagnose, Instandhaltung sowie Aus-, Um- und Nachrüstung identifizieren und die notwendigen Informationen, Arbeitsmittel und Ausrüstungen bereitstellen,
5.
Zubehör und Zusatzausstattungen gemeinsam mit dem Kunden auswählen, dabei die technischen und rechtlichen Vorgaben beachten, Bezugsquellen für Teile, Werk- und Hilfsstoffe kennen oder ermitteln,
6.
Kostenvoranschläge ausarbeiten, dabei die Preiskalkulation entsprechend der Betriebskostenstruktur durchführen,
7.
Kraftfahrzeuge einschließlich Krafträder und Flurförderzeuge, Anhängefahrzeuge für Kraftfahrzeuge sowie Fahrzeugbaugruppen, -systeme und -teile, Karosserien, Rahmen und deren Teile unter Beachtung der technischen und rechtlichen Vorgaben untersuchen und instand halten, einschließlich der Lackierung; Zusatzeinrichtungen aus-, um- und nachrüsten,
8.
Durchlauf der Instandsetzungsaufträge sichern, erforderliche Dokumentationen erstellen, veranlassen und überwachen; Daten von Betriebsabteilungen oder von externen Dienstleistern zur Rechnungsstellung erfassen; Arbeitsumfang und Rechnungshöhe prüfen, erklären und begründen,
9.
Aufgaben der Betriebsführung, der Betriebsorganisation, der Personalplanung und des Personaleinsatzes, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, des Informationssystems, der Qualitätskontrolle und -verbesserung, des Arbeitsschutzes und des Umweltschutzes, einschließlich der Verwendung lösemittelarmer oder wasserbasierender, lösemittelfreier Produkte, wahrnehmen.

§ 3 Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils I

(1) Der Teil I der Meisterprüfung umfasst als Prüfungsbereich eine Situationsaufgabe und ein darauf bezogenes Fachgespräch.
(2) Die Ausführung der Situationsaufgabe soll 6,5 Stunden nicht überschreiten, das Fachgespräch soll nicht länger als 30 Minuten dauern.
(3) Die Situationsaufgabe und das Fachgespräch sind gesondert zu bewerten. Die Prüfungsleistungen in der Situationsaufgabe und im Fachgespräch sind im Verhältnis 2:1 zu gewichten. Hieraus ist eine Gesamtbewertung zu bilden. Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung, wobei die Prüfung weder bei der Situationsaufgabe noch beim Fachgespräch mit weniger als 30 Punkten bewertet worden sein darf.

§ 4 Situationsaufgabe

(1) Der Prüfling hat eine ganzheitliche Situationsaufgabe durchzuführen, die einem Kundenauftrag entspricht. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er einen Kundenauftrag im Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk planen, durchführen und abschließen kann. Die Situationsaufgabe kann aus Aufgabenblöcken bestehen und findet an Kraftfahrzeugen oder an Fahrzeugbaugruppen und -systemen unter Nutzung der vom Meisterprüfungsausschuss zugelassenen branchenüblichen und dem Stand der Technik entsprechenden Informationshilfen statt.
(2) Als Situationsaufgabe ist eine der nachstehend genannten Aufgaben auszuführen, wobei der Prüfling zwischen der Aufgabe nach Absatz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 wählen kann:
1.
Diagnose an drei vom Meisterprüfungsausschuss vorgegebenen Fahrzeugsystemen zum Zwecke der Fehlersuche vornehmen, Instandsetzungswege und Instandsetzungsalternativen, auch unter Berücksichtigung von Karosserieschäden, bestimmen und beurteilen; für eines dieser Fahrzeugsysteme nach Vorgabe des Meisterprüfungsausschusses einen Kostenvoranschlag erstellen, eine Instandsetzung durchführen, die Diagnose- und Instandsetzungsergebnisse dokumentieren sowie eine Nachkalkulation durchführen.Als Fahrzeugsysteme kommen in Betracht:
a)
Bordnetze,
b)
Beleuchtungssysteme,
c)
Ladestromsysteme,
d)
Startsysteme,
e)
Motormanagement- und Antriebssysteme,
f)
Fahrzeugsicherheits- und Komfortsysteme,
g)
Informations- und Kontrollsysteme,
h)
Diebstahlsicherungssysteme.
2.
Eine schadhafte Fahrzeugkarosserie vermessen, Instandsetzungsweg unter Beachtung des Schadenumfangs bestimmen und dabei Instandsetzungsalternativen beurteilen, Kostenvoranschlag erstellen, Instandsetzung durchführen, Mess- und Instandsetzungsergebnisse dokumentieren sowie eine Nachkalkulation durchführen.Folgende Prüfungsleistungen sind dabei zu erbringen:
a)
ein Karosseriebauteil unter Berücksichtigung der Richt- und Trennvorgänge sowie unter Anwendung der erforderlichen Fügetechniken ersetzen,
b)
eine Tür, eine Haube oder ein anderes bewegliches Teil einpassen,
c)
ein Karosseriebauteil ausbeulen,
d)
eine lackierfertige, grundierte Oberfläche einschließlich des Korrosionsschutzes wiederherstellen sowie ein Karosseriebauteil lackieren,
e)
ein Bordnetz, ein Beleuchtungssystem oder ein Fahrzeugsicherheits- und Komfortsystem prüfen und instand setzen.
(3) Für die Gesamtbewertung der Situationsaufgabe nach Absatz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 wird das arithmetische Mittel aus den einzelnen Bewertungen gebildet.

§ 5 Fachgespräch

Auf der Grundlage der Prüfungsleistungen in der Situationsaufgabe ist ein Fachgespräch zu führen. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die der Situationsaufgabe zugrunde liegen, den Ablauf der Situationsaufgabe begründen sowie mit der Situationsaufgabe verbundene berufsbezogenen Probleme und deren Lösungen darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen.

§ 6 Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils II

(1) Durch die Prüfung in Teil II soll der Prüfling durch Verknüpfung technologischer, ablauf- und verfahrenstechnischer, werkstofftechnischer und mathematischer Kenntnisse nachweisen, dass er Probleme analysieren und bewerten sowie geeignete Lösungswege aufzeigen und dokumentieren kann.
(2) Prüfungsfächer sind:
1.
Kraftfahrzeuginstandhaltungstechnik und Kraftfahrzeugtechnik,
2.
Auftragsabwicklung,
3.
Betriebsführung und Betriebsorganisation.
(3) In jedem der Prüfungsfächer ist mindestens eine Aufgabe zu bearbeiten, die fallorientiert sein muss. Dabei sollen die Aufgaben jeweils mehrere der nachfolgend aufgeführten Qualifikation verknüpfen:
1.
Kraftfahrzeuginstandhaltungstechnik und Kraftfahrzeugtechnik:Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, kraftfahrzeuginstandhaltungstechnische Aufgaben und Probleme unter Beachtung wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte in einem Kraftfahrzeugbetrieb zu bearbeiten. Er soll kraftfahrzeugtechnische Sachverhalte beurteilen und beschreiben. Hierfür kommen in Betracht:
a)
Aufbau, Wirkungsweise und Funktion von Fahrzeugsystemen und Fahrzeugkarosserien beschreiben und beurteilen,
b)
Methoden der Diagnose, Wartung, Instandsetzung und Messtechnik berücksichtigen,
c)
Verbindungstechniken, Instandsetzungswege und -methoden für die Fahrzeug- und Karosserieinstandsetzung unter Beachtung der Werkstoffeigenschaften beschreiben und beurteilen,
d)
auf die Kraftfahrzeugtechnik bezogene physikalische, chemische und werkstofftechnische Kenndaten bewerten und Normen und ihre Bedeutung für die Kraftfahrzeuginstandhaltung beurteilen,
e)
die für die Kraftfahrzeuginstandhaltung und Kraftfahrzeugzulassung geltenden Gesetze, Vorschriften und Regeln ermitteln und im Rahmen der Kraftfahrzeuginstandhaltung beachten,
f)
kraftfahrzeuginstandhaltungstechnische oder kraftfahrzeugtechnische Sachverhalte beschreiben und beurteilen.
2.
Auftragsabwicklung:Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, bei Instandhaltungen die für den technischen und wirtschaftlichen Erfolg notwendigen ablauftechnischen Maßnahmen in einem Kraftfahrzeugbetrieb kundenorientiert einzuleiten und abzuschließen. Hierfür kommen in Betracht:
a)
Auftragsabwicklungsprozesse planen,
b)
Unteraufträge vergeben und kontrollieren,
c)
Schadensaufnahme an unfallbeschädigten Fahrzeugen darstellen, Instandsetzungsmethoden vorschlagen und die erforderliche Abwicklung erörtern,
d)
qualitätssichernde Aspekte bei der Auftragsannahme und bei der Einsteuerung von Aufträgen in das innerbetriebliche Informationssystem beschreiben.
3.
Betriebsführung und Betriebsorganisation:Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben der Betriebsführung und Betriebsorganisation in einem Kraftfahrzeugbetrieb wahrzunehmen. Hierfür kommen in Betracht:
a)
Arbeitspositionen zu Angebotspaketen zusammenfassen und Preise kalkulieren,
b)
Stundenverrechnungssätze anhand einer vorgegebenen Kostenstruktur berechnen,
c)
betriebliche Kennzahlen für die Kraftfahrzeuginstandhaltung anhand vorgegebener Schemata ermitteln und nutzen,
d)
betriebliche Qualitätskontrolle und -verbesserung entwickeln und darstellen,
e)
Marketingmaßnahmen zur Kundenpflege und zur Gewinnung neuer Kunden beschreiben,
f)
Informations- und Kommunikationssysteme in Bezug auf ihre Einsatzmöglichkeiten bewerten sowie Möglichkeiten der innerbetrieblichen Kommunikation beschreiben und bewerten.
(4) Die Prüfung im Teil II ist schriftlich durchzuführen. Sie soll insgesamt nicht länger als acht Stunden dauern. Eine Prüfungsdauer von sechs Stunden täglich darf nicht überschritten werden.
(5) Wurden in höchstens zwei der in Absatz 2 genannten Prüfungsfächer jeweils mindestens 30 und weniger als 50 Punkte erreicht, kann in einem dieser Prüfungsfächer eine mündliche Ergänzungsprüfung durchgeführt werden, wenn diese das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ermöglicht.
(6) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung. Die Prüfung des Teils II ist nicht bestanden, wenn
1.
ein Prüfungsfach mit weniger als 30 Punkten bewertet worden ist oder
2.
nach durchgeführter Ergänzungsprüfung zwei Prüfungsfächer jeweils mit weniger als 50 Punkten bewertet worden sind.
(+++ § 6 Abs. 5 u. 6: Zur Anwendung vgl. § 7 +++)

§ 7 Übergangsvorschrift

Die Regelungen des § 6 Absatz 5 und 6 gelten nicht für die bis zum 31. Dezember 2011 begonnenen Prüfungsverfahren. Diese werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 8 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2001 in Kraft.