Seilermeisterverordnung

Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Seiler-Handwerk

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I S. 1), der zuletzt durch Artikel 1 Nr. 63 des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2256) geändert worden ist, in Verbindung mit Artikel 56 Abs. 1 des Zuständigkeitsanpassungs-Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) und dem Organisationserlaß vom 17. November 1994 (BGBl. I S. 3667) verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie:

§ 1 Berufsbild

(1) Dem Seiler-Handwerk sind folgende Tätigkeiten zuzurechnen:
1.
Herstellung, Konfektionierung und Instandhaltung von Seilen, insbesondere von Drahtseilen sowie Faser- und Stahltrossen,
2.
Herstellung und Instandhaltung von Netzen, insbesondere von Stahl-, Kunstfaser- und Werkstoffverbundnetzen,
3.
Herstellung und Verarbeitung von Hebebändern und Rundschlingen,
4.
Konfektionierung von Ketten.
(2) Dem Seiler-Handwerk sind folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zuzurechnen:
1.
Kenntnisse der Seile, Ketten, Netze, Hebebänder und Rundschlingen,
2.
Kenntnisse der Netzarten sowie von Schutz- und Fangvorrichtungen und deren Verwendung,
3.
Kenntnisse der berufsbezogenen Roh-, Werks- und Hilfsstoffe,
4.
Kenntnisse der berufsbezogenen Werkzeuge, Geräte und Maschinen sowie deren Einsatzmöglichkeiten,
5.
Kenntnisse der Festigkeiten und Dehnungseigenschaften sowie des Prüfens von Seilen, Hebebändern, Rundschlingen und Ketten,
6.
Kenntnisse des Verseilens und Flechtens sowie der Knoten,
7.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes,
8.
Kenntnisse auf den Gebieten Produkthaftung und Qualitätsmanagement,
9.
Kenntnisse der berufsbezogenen Normen, der Lauflängenbezeichnungen, des Brandschutzes sowie der berufsbezogenen Vorschriften des Umwelt-, insbesondere des Immissionsschutzes,
10.
Kenntnisse im Hecheln und Spinnen,
11.
Messen und Zeichnen,
12.
Berechnen von Litzen-, Seil- und Bandquerschnitten,
13.
Auswählen der Werkstoffe sowie Festlegen der Konstruktion, Schlaglänge oder Geflechtsdichte,
14.
Zwirnen, Spulen und Flechten,
15.
Bestimmen von Wechselrädern,
16.
Anscheren und Austreiben von Litzen und Schlagen von Seilen, insbesondere unter Einsatz stationärer Maschinen,
17.
Konfektionieren von Seilen, insbesondere Ablängen, Spleißen, Pressen, Vergießen, Verlöten und Verschweißen von Seilenden,
18.
Beurteilen der Ablegereife von Seilen, Hebebändern, Rundschlingen und Ketten,
19.
Berechnen, Knoten und Filieren von Netzen,
20.
Zuschneiden, Versetzen, Zusammensetzen und Ansetzen, Anschlagen, Einstellen, Verstärken, Verknoten der Endmaschen sowie Ausrüsten von Netzen,
21.
Zusammenbauen von Schutz- und Fangnetzvorrichtungen,
22.
Ausführen von Takel- und Bordarbeiten sowie von Seil- und Netzmontagen,
23.
Pflegen und Instandhalten von Seilen, Ketten, Netzen, Hebebändern und Rundschlingen sowie von Seil- und Netzbauwerken,
24.
Lagern und Entsorgen von Seilen, Ketten, Netzen, Hebebändern und Rundschlingen sowie von Zubehör,
25.
Pflegen und Instandhalten der berufsbezogenen Werkzeuge, Geräte und Maschinen.

§ 2 Gliederung, Dauer und Bestehen der praktischen Prüfung (Teil I)

(1) In Teil I sind eine Meisterprüfungsarbeit anzufertigen und eine Arbeitsprobe auszuführen. Bei der Bestimmung der Meisterprüfungsarbeit sollen die Vorschläge des Prüflings nach Möglichkeit berücksichtigt werden.
(2) Die Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit soll nicht länger als zwei Arbeitstage, die Ausführung der Arbeitsprobe nicht länger als acht Stunden dauern.
(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I sind jeweils ausreichende Leistungen in der Meisterprüfungsarbeit und in der Arbeitsprobe.

§ 3 Meisterprüfungsarbeit

(1) Als Meisterprüfungsarbeit sind fünf der nachstehend genannten Arbeiten, davon in jedem Fall die nach den Nummern 1 bis 3, anzufertigen:
1.
eine zwölffädige Leine von 7 Millimeter Durchmesser und 40 Meter Länge mit zwei Schlaufenspleißen,
2.
ein vierschäftiges Hanfseil von mindestens 24 Millimeter Durchmesser und 20 Meter Länge nach Vorgabe mit eingespleißtem Knoten auf einer und aufgenähtem Takling auf der anderen Seite; zudem aus dem gleichen Seil eine Reißprobe mit zwei eingespleißten Schlaufen,
3.
ein endloses Faserseil von mindestens 24 Millimeter Durchmesser und 2,50 Meter Umfang in Grummetausführung,
4.
ein vierkardeeliges Seil in Kabelschlag von mindestens 40 Millimeter Durchmesser und 20 Meter Länge,
5.
ein Sicherheitsnetz nach vorgegebenen Abmessungen und Festigkeitsangaben oder eine handgestrickte Hängematte,
6.
eine Knüpfarbeit in Makrameeart,
7.
ein Kernmantelgeflecht von mindestens 20 Millimeter Durchmesser mit einer eingesteckten Schlaufe und einer Kausche,
8.
eine endlose Drahtseilschlinge in Grummetausführung von mindestens 16 Millimeter Durchmesser und 2 Meter Umfang,
9.
ein achtlitziges Quadratgeflecht von mindestens 16 Millimeter Durchmesser und 2 Meter Länge mit einer eingespleißten Kausche auf einer und mit Schlaufenspleiß auf der anderen Seite.
(2) Der Prüfling hat vor Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit dem Meisterprüfungsausschuß die Skizzen mit Maßangaben und die Vorkalkulation zur Genehmigung vorzulegen.
(3) Die Skizzen mit Maßangaben sowie die Vor- und Nachkalkulation sind bei der Bewertung der Meisterprüfungsarbeit zu berücksichtigen.

§ 4 Arbeitsprobe

(1) Als Arbeitsprobe sind fünf der nachstehend genannten Arbeiten auszuführen:
1.
Austreiben oder Anscheren von Litzen und Schlagen von Seilen,
2.
Anfertigen eines verlöteten oder verschweißten Drahtseilendes in Litzenspiralseilkonstruktion,
3.
Prüfen der Bruchfestigkeit von Seilen verschiedener Abmessungen nach Norm,
4.
Anfertigen eines Kauschenspleißes an einem Draht- oder Kunststoffseil von mindestens 18 Millimeter Durchmesser,
5.
Ausführen eines Schlaufenspleißes an einem Sicherheitsseil nach Norm,
6.
Anfertigen einer Preßverbindung an einem Drahtseil mit Stahlseele von mindestens 20 Millimeter Durchmesser,
7.
Anfertigen eines flämischen Auges mit Stahlhülsenverpressung nach Norm,
8.
Anfertigen eines Langspleißes in ein drei- oder vierschäftiges Hanfseil oder einer Grummetschlinge in Kabelschlag von jeweils mindestens 24 Millimeter Durchmesser,
9.
Anfertigen eines Langspleißes und eines verjüngten Schlaufenspleißes in ein Drahtseil von mindestens 10 Millimeter Durchmesser,
10.
Filieren und Herstellen eines Netzes nach Norm,
11.
Anfertigen einer endlosen Drahtseilschlinge in Grummetausführung von mindestens 16 Millimeter Durchmesser und 2 Meter Umfang,
12.
Anfertigen eines vergossenen Kegels an einem blanken Drahtseil von mindestens 20 Millimeter Durchmesser,
13.
Anfertigen von zehn verschiedenen Knoten.
(2) In der Arbeitsprobe sind die wichtigsten Fertigkeiten und Kenntnisse zu prüfen, die in der Meisterprüfungsarbeit nicht oder nur unzureichend nachgewiesen werden konnten.

§ 5 Prüfung der fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II)

(1) In Teil II sind Kenntnisse in den folgenden vier Prüfungsfächern nachzuweisen:
1.
Technische Mathematik:
a)
Durchmesser- und Gewichtsberechnungen von Schnüren, Leinen und Seilen,
b)
Durchmesser-, Gewichts- und Schlaglängenberechnungen von Drahtseilen,
c)
Festigkeitsberechnungen von Seilen aus Faser und Draht;
2.
Fachtechnologie:
a)
berufsbezogene Werkzeuge, Geräte und Maschinen, insbesondere Spinn-, Schlag- und Antriebsmaschinen sowie Reckvorrichtungen,
b)
Arbeitsverfahren,
c)
berufsbezogene Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes,
d)
berufsbezogene Normen, Lauflängenbezeichnungen, Brandschutz sowie berufsbezogene Vorschriften des Umwelt-, insbesondere des Immissionsschutzes;
3.
Werkstoffkunde:Arten, Eigenschaften, Bezeichnungen, Verwendung, Verarbeitung, Lagerung und Entsorgung der berufsbezogenen Roh-, Werks- und Hilfsstoffe;
4.
Kalkulation:Kostenermittlung unter Einbeziehung aller für die Preisbildung wesentlichen Faktoren.
(2) Die Prüfung ist schriftlich und mündlich durchzuführen.
(3) Die schriftliche Prüfung soll insgesamt nicht länger als acht Stunden, die mündliche je Prüfling nicht länger als eine halbe Stunde dauern. In der schriftlichen Prüfung soll an einem Tag nicht länger als sechs Stunden geprüft werden.
(4) Der Prüfling ist von der mündlichen Prüfung auf Antrag zu befreien, wenn er im Durchschnitt mindestens gute schriftliche Leistungen erbracht hat.
(5) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II sind ausreichende Leistungen in dem Prüfungsfach nach Absatz 1 Nr. 2.

§ 6 Übergangsvorschrift

Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung laufenden Prüfungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 7 Weitere Anforderungen

Die weiteren Anforderungen in der Meisterprüfung bestimmen sich nach der Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk vom 12. Dezember 1972 (BGBl. I S. 2381) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 8 Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. August 1997 in Kraft.
(2) Die auf Grund des § 122 der Handwerksordnung weiter anzuwendenden Vorschriften sind, soweit sie Gegenstände dieser Verordnung regeln, nicht mehr anzuwenden.