Hörgeräteakustikermeisterverordnung

Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Hörgeräteakustiker-Handwerk

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I S. 1), der zuletzt durch Artikel 24 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft:

§ 1 Berufsbild

(1) Dem Hörgeräteakustiker-Handwerk sind folgende Tätigkeiten zuzurechnen:
1.
Auswahl und Anpassung von Hörgeräten und anderen Geräten der akustischen Kommunikation,
2.
Ermittlung und Beurteilung der für die Hörgeräteversorgung und für die Gehörschutzbestimmung erforderlichen Kenndaten des Gehörs,
3.
Abnahme von Abformungen des äußeren Ohres und Anfertigung von Ohrpaßstücken,
4.
Anfertigung von Im-Ohr-Geräten und Sonderhörhilfen,
5.
Wartung, Instandsetzung und Vervollständigung von Hör-, Hilfs- und Meßgeräten,
6.
Auswahl und Anpassung von Gehörschutzmitteln nach Lärmmessung und Lärmanalyse.
(2) Dem Hörgeräteakustiker-Handwerk sind folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zuzurechnen:
1.
Kenntnisse über Physik und Chemie,
2.
Kenntnisse der berufsbezogenen Elektronik und Elektrotechnik, insbesondere der Elektroakustik und Hörgeräteschaltungstechnik,
3.
Kenntnisse der allgemeinen Akustik, der Physio- und Psychoakustik,
4.
Kenntnisse der Anatomie und Pathologie des Ohres und des Sprachorgans sowie Kenntnisse der Physiologie und der Pathophysiologie des Hörens,
5.
Kenntnisse des Frequenz-, Dynamik-, Intensitäts- und Zeitauflösungsvermögens des Gehörs,
6.
Kenntnisse der psychologischen Grundsätze bei psychoakustischen Messungen, bei der Abgabe und Benutzung von sowie der Gewöhnung an Hörhilfen,
7.
Kenntnisse der berufsbezogenen EDV,
8.
Kenntnisse des Aufbaus, der Wirkungsweise und Anwendung der Hörgeräte, der Otoplastiken und ihres Zubehörs,
9.
Kenntnisse der Methoden zur Ermittlung der akustischen Kenndaten des Gehörs für die Hörgeräteanpassung und den Gehörschutz,
10.
Kenntnisse der berufsbezogenen Werk- und Hilfsstoffe,
11.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften des Gesundheits- und des Sozialrechts, insbesondere des Heilpraktikergesetzes, des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und des Bundesversorgungsgesetzes sowie der berufsbezogenen Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes,
12.
Kenntnisse der berufsbezogenen VDE- und VDI-Bestimmungen, der nationalen und internationalen Normen und Empfehlungen,
13.
Messen und Berechnen berufsbezogener physikalischer Größen in der akustischen Meßtechnik und elektronischen Verstärkertechnik,
14.
berufsbezogene Werkstoffprüfungen,
15.
Lesen und Anfertigen von Schaltbildern, Diagrammen und technischen Zeichnungen,
16.
Prüfen, Warten und Instandsetzen von Hör-, Hilfs- und Meßgeräten,
17.
Warten und Instandsetzen der berufsbezogenen Maschinen, Prüf- und Meßeinrichtungen sowie der Geräte,
18.
Durchführen von Schwellen- und überschwelligen Messungen sowie Anwendung von subjektiven, objektiven und rechnerunterstützten Meßverfahren,
19.
Auswählen und Anpassen von Hörgeräten und Hörhilfen,
20.
Anleiten und Betreuen der Hörbehinderten bei der Benutzung der Hörgeräte und Nutzung der Hörhilfen,
21.
Abformen des äußeren Ohres,
22.
Herstellen, Anpassen und Instandsetzen von Ohrpaßstücken und Anpaßteilen,
23.
Einbauen von Hörhilfen und ihrer Teile in ein Ohrpaßstück,
24.
Warten von Energiequellen für Hörhilfen und ihr Zubehör,
25.
Messen und Analysieren von Lärm,
26.
Auswählen, Herstellen und Anpassen von Gehörschutzmitteln,
27.
Be- und Verarbeiten von Kunststoffen und Metallen,
28.
Herstellen von Schalen für Hörhilfen,
29.
Anfertigen und Montieren von Hörgeräten und -hilfen.

§ 2 Gliederung, Dauer und Bestehen der praktischen Prüfung (Teil I)

(1) In Teil I sind eine Meisterprüfungsarbeit anzufertigen und eine Arbeitsprobe auszuführen.
(2) Die Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit soll nicht länger als zwei Arbeitstage, die Ausführung der Arbeitsprobe nicht länger als acht Stunden dauern.
(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I sind jeweils ausreichende Leistungen in der Meisterprüfungsarbeit und in der Arbeitsprobe.

§ 3 Meisterprüfungsarbeit

Als Meisterprüfungsarbeit sind die nachstehend genannten Arbeiten auszuführen:
1.
Ermittlung der Kenndaten des Hörorganes,
2.
Auswahl geeigneter Hörhilfen auf Grund der ermittelten Daten,
3.
Voreinstellung der ausgewählten Hörhilfen und Meßkontrolle,
4.
Meßvergleich der Hörhilfen am Hörbehinderten,
5.
Herstellen von vier paßgenauen Abformungen des äußeren Ohres,
6.
Herstellen eines Rohlings einer Hinter-dem-Ohr-Otoplastik, einer In-dem-Ohr-Schale und einer Sonderform.

§ 4 Arbeitsprobe

(1) Als Arbeitsprobe sind vier der nachstehend genannten Arbeiten, davon in jedem Fall die nach den Nummern 1 und 2, auszuführen:
1.
Messen der Kenndaten eines Hörgerätes,
2.
Instandsetzen eines Hörgerätes,
3.
Einbauen eines Hörgerätes in eine individuell hergestellte Schale,
4.
Endmontieren eines spezifizierten Hörgerätes aus Bauteilen,
5.
Durchführen einer Messung des Übertragungsverhaltens einer Hörhilfe am Ohr,
6.
Programmieren von Hörgeräten, insbesondere mit EDV,
7.
berufsbezogene Prüfung der Werk- und Hilfsstoffe.
(2) In der Arbeitsprobe sind die wichtigsten Fertigkeiten und Kenntnisse zu prüfen, die in der Meisterprüfungsarbeit nicht oder nur unzureichend nachgewiesen werden konnten.

§ 5 Prüfung der fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II)

(1) In Teil II sind Kenntnisse in den folgenden vier Prüfungsfächern nachzuweisen:
1.
Psychologie der Hörbehinderten:
a)
psycho-soziale Situation Hörbehinderter,
b)
Psychologie des Alterns unter den Besonderheiten hörbehinderter Menschen;
2.
Fachtechnologie:
a)
physikalische und chemische Zusammenhänge,
b)
Akustik, Physio- und Psychoakustik,
c)
elektronische, elektrotechnische und schaltungstechnische Zusammenhänge;
3.
Hörgeräteversorgung:
a)
Anatomie und Pathologie des Ohres sowie Physiologie und Pathophysiologie des Hörens, Anatomie und Pathologie der spracherzeugenden Organe des Menschen sowie deren Funktion,
b)
Methoden zur Ermittlung der akustischen Kenndaten,
c)
Methoden der Hörgeräte-Anpassung,
d)
Aufbau und Wirkungsweise der Hörgeräte;
4.
Kalkulation:Kostenermittlung unter Einbeziehung aller für die Preisbildung wesentlichen Faktoren.
(2) Die Prüfung ist schriftlich und mündlich durchzuführen.
(3) Die schriftliche Prüfung soll insgesamt nicht länger als zwölf Stunden, die mündliche je Prüfling nicht länger als eine halbe Stunde dauern. In der schriftlichen Prüfung soll an einem Tag nicht länger als sechs Stunden geprüft werden.
(4) Der Prüfling ist von der mündlichen Prüfung auf Antrag zu befreien, wenn er im Durchschnitt mindestens gute schriftliche Leistungen erbracht hat.
(5) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II sind ausreichende Leistungen in dem Prüfungsfach nach Absatz 1 Nr. 3.

§ 6 Übergangsvorschrift

Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung laufenden Prüfungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 7 Weitere Anforderungen

Die weiteren Anforderungen in der Meisterprüfung bestimmen sich nach der Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk vom 12. Dezember 1972 (BGBl. I S. 2381) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 8 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. August 1994 in Kraft.