Elektromaschinenbauermeisterverordnung

Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Elektromaschinenbauer-Handwerk

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), der durch Artikel 135 Nr. 3 der Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung:

§ 1 Gliederung und Inhalt der Meisterprüfung

Die Meisterprüfung im Elektromaschinenbauer-Handwerk umfasst folgende selbständige Prüfungsteile:
1.
die Prüfung der meisterhaften Verrichtung der gebräuchlichen Arbeiten (Teil I),
2.
die Prüfung der erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II),
3.
die Prüfung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) und
4.
die Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV).

§ 2 Meisterprüfungsberufsbild

(1) Durch die Meisterprüfung im Elektromaschinenbauer-Handwerk wird festgestellt, dass der Prüfling befähigt ist, einen Handwerksbetrieb selbständig zu führen, Leitungsaufgaben in den Bereichen Technik, Betriebswirtschaft, Personalführung und -entwicklung wahrzunehmen, die Ausbildung durchzuführen und seine berufliche Handlungskompetenz selbständig umzusetzen und an neue Bedarfslagen in diesen Bereichen anzupassen.
(2) Dem Elektromaschinenbauer-Handwerk werden zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Tätigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten als ganzheitliche Qualifikationen zugerechnet:
1.
Kundenwünsche ermitteln, Kunden beraten, Leistungen kalkulieren und Angebote erstellen, Auftragsverhandlungen führen und Auftragsziele festlegen,
2.
Aufgaben der technischen und kaufmännischen Betriebsführung, der Betriebsorganisation, der Personalplanung und des Personaleinsatzes wahrnehmen, insbesondere unter Berücksichtigung der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, des Qualitätsmanagements, der Haftung sowie des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit, des Datenschutzes und des Umweltschutzes; Informationssysteme nutzen,
3.
Aufträge durchführen unter Berücksichtigung von Fertigungstechniken, Instandhaltungsalternativen, berufsbezogenen Gesetzen, Normen, Regeln und Vorschriften, Personalbedarf und Ausbildung; Auftragsbearbeitung und Auftragsabwicklung organisieren, planen und überwachen,
4.
ausrüstungstechnische Anlagen der Antriebstechnik, der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie der Leitungs-, Verteilungs-, Schweiß- und Verfahrenstechnik unter Berücksichtigung sicherheits- und gesundheitsrelevanter Vorsorgemaßnahmen entwickeln, planen, herstellen, programmieren und errichten,
5.
Funktionsweisen von Energieverbrauchseinrichtungen sowie von elektrischen und elektronischen Betriebsmitteln, Baugruppen und deren Stromversorgungseinrichtungen, beherrschen; Techniken zur rationellen Energieanwendung berücksichtigen und anwenden,
6.
Digital-, Daten- und Netzwerktechnik beherrschen, Schnittstellen analysieren,
7.
Werkstoffeigenschaften bei Planung, Konstruktion und Ausführung berücksichtigen,
8.
drehende und ruhende elektrische Maschinen und Geräte berechnen, montieren, instand setzen, prüfen, in Betrieb nehmen und instand halten; Mess- und Prüfwerkzeuge einsetzen und warten,
9.
Dokumentationen, insbesondere Wicklungsdarstellungen und Schaltpläne, auch unter Einsatz von rechnergestützten Systemen erstellen,
10.
Funktionsweisen der Mechanik, Hydraulik und Pneumatik unter Berücksichtigung physikalischer Gesetzmäßigkeiten beherrschen,
11.
Verträge konzipieren; Standardverträge, insbesondere Serviceverträge entwickeln und pflegen,
12.
Fehler- und Störungssuche durchführen, Maßnahmen zur Beseitigung von Fehlern und Störungen beherrschen, Ergebnisse bewerten und dokumentieren,
13.
Leistungen abnehmen und protokollieren, dem Kunden übergeben, abrechnen und Nachkalkulation durchführen.

§ 3 Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils I

(1) Der Teil I der Meisterprüfung umfasst als Prüfungsbereich ein Meisterprüfungsprojekt und ein darauf bezogenes Fachgespräch.
(2) Die Anfertigung des Meisterprüfungsprojekts soll insgesamt nicht länger als fünf Arbeitstage, das Fachgespräch nicht länger als 30 Minuten dauern.
(3) Das Meisterprüfungsprojekt und das Fachgespräch werden gesondert bewertet. Die Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt und im Fachgespräch werden im Verhältnis 3:1 gewichtet. Hieraus wird eine Gesamtbewertung gebildet.
(4) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung, wobei die Prüfung weder im Meisterprüfungsprojekt noch im Fachgespräch mit weniger als 30 Punkten bewertet worden sein darf.

§ 4 Meisterprüfungsprojekt

(1) Der Prüfling hat ein Meisterprüfungsprojekt durchzuführen, das einem Kundenauftrag entspricht. Die konkrete Aufgabenstellung erfolgt durch den Meisterprüfungsausschuss. Die Vorschläge des Prüflings sollen dabei berücksichtigt werden. Vor der Durchführung des Meisterprüfungsprojekts hat der Prüfling den Entwurf, einschließlich einer Zeitplanung, dem Meisterprüfungsausschuss zur Genehmigung vorzulegen.
(2) Als Meisterprüfungsprojekt ist die nachfolgende Aufgabe durchzuführen:
Eine Anlage oder ein Teilstück der Antriebstechnik, unter Berücksichtigung der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik anfertigen oder instand setzen.
(3) Das Meisterprüfungsprojekt nach Absatz 2 besteht aus:
1.
Entwurfs-, Berechnungs-, Planungs- und Kalkulationsunterlagen,
2.
Anfertigung oder Instandsetzung der Anlage oder des Teilstücks,
3.
Prüfprotokoll.
Die Entwurfs-, Berechnungs-, Planungs- und Kalkulationsunterlagen werden mit 30 vom Hundert, die Anfertigung oder Instandsetzung der Anlage oder des Teilstücks mit 50 vom Hundert und das Prüfprotokoll mit 20 vom Hundert gewichtet.

§ 5 Fachgespräch

Auf der Grundlage der Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt wird ein Fachgespräch geführt. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die dem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen, dass er den Ablauf des Meisterprüfungsprojekts begründen und mit dem Meisterprüfungsprojekt verbundene berufsbezogene Probleme sowie deren Lösungen darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen.

§ 6 Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils II

(1) Durch die Prüfung in Teil II soll der Prüfling durch Verknüpfung technologischer, sicherheitstechnischer, ablauf- und verfahrenstechnischer, werkstofftechnischer, mathematischer und wirtschaftlicher Kenntnisse nachweisen, dass er Probleme analysieren und bewerten sowie geeignete Lösungswege aufzeigen und dokumentieren kann.
(2) Prüfungsfächer sind:
1.
Antriebs- und Sicherheitstechnik,
2.
Auftragsabwicklung,
3.
Betriebsführung und Betriebsorganisation.
(3) In jedem der Prüfungsfächer ist mindestens eine Aufgabe zu bearbeiten, die fallorientiert sein muss.
1.
Antriebs- und SicherheitstechnikDer Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben und Probleme der Antriebstechnik unter Beachtung technischer, sicherheitstechnischer, wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte in einem Elektromaschinenbauerbetrieb zu bearbeiten. Er soll fachliche Sachverhalte beurteilen und beschreiben. Bei der Aufgabenstellung sollen jeweils mehrere der nachfolgend aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:
a)
Kundenanforderungen analysieren,
b)
Aufbau, Wirkungsweise und Funktion von Anlagen der Antriebstechnik, insbesondere der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik beschreiben und beurteilen,
c)
Methoden der Diagnose, Wartung, Instandsetzung und Messtechnik beschreiben und bewerten,
d)
technische Daten bewerten und Verwendungszwecken zuordnen,
e)
Arten, Eigenschaften und Verarbeitung von Werkstoffen und Werkstoffverbindungen beurteilen und Verwendungszwecken zuordnen,
f)
technische Lösungen, insbesondere unter Berücksichtigung sicherheits- und gesundheitsrelevanter Vorsorgemaßnahmen erarbeiten, bewerten und korrigieren;
2.
AuftragsabwicklungDer Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, bei der Auftragsabwicklung die ablaufbezogenen Maßnahmen, die für den technischen und wirtschaftlichen Erfolg eines Elektromaschinenbauerbetriebs notwendig sind, kundenorientiert einzuleiten und abzuschließen. Bei der Aufgabenstellung sollen jeweils mehrere der nachfolgend aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:
a)
Auftragsunterlagen auswerten und Auftragsabwicklungsprozesse planen,
b)
Methoden und Verfahren der Arbeitsplanung und -organisation unter Berücksichtigung der Fertigungs- und Instandsetzungsmethoden sowie des Einsatzes von Material, Geräten und Personal bewerten, dabei qualitätssichernde Aspekte darstellen,
c)
technische Arbeitspläne, insbesondere Skizzen, technische Zeichnungen, Wicklungsdarstellungen und Schaltpläne erarbeiten, bewerten und korrigieren, auch unter Anwendung von elektronischen Datenverarbeitungssystemen,
d)
Analyse von Genehmigungserfordernissen vornehmen und bewerten,
e)
Unteraufträge vergeben und kontrollieren,
f)
Daten erfassen und bewerten sowie Prüfergebnisse dokumentieren,
g)
Vor- und Nachkalkulation durchführen;
3.
Betriebsführung und BetriebsorganisationDer Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben der Betriebsführung und Betriebsorganisation in einem Elektromaschinenbauerbetrieb wahrzunehmen. Bei der Aufgabenstellung sollen jeweils mehrere der nachfolgend aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden:
a)
Arbeitspositionen zu Angebotspaketen zusammenfassen und Preise kalkulieren,
b)
Stundenverrechnungssätze anhand einer vorgegebenen Kostenstruktur berechnen,
c)
betriebliche Kennzahlen anhand vorgegebener Schemata ermitteln und nutzen,
d)
auf der Grundlage der technischen Entwicklung und des Marktes die Geschäftsfeldentwicklung planen,
e)
Personalentwicklungs- und -führungskonzepte entwerfen und umsetzen,
f)
betriebliches Qualitätsmanagement planen und darstellen,
g)
Mitarbeiter in Aufgabenstellungen einweisen und schulen,
h)
Marketingmaßnahmen zur Kundenpflege und zur Gewinnung neuer Kunden entwickeln,
i)
Informations- und Kommunikationssysteme in Bezug auf ihre betrieblichen Einsatzmöglichkeiten beschreiben und beurteilen,
k)
berufsbezogene Gesetze, Normen, Regeln und Vorschriften anwenden,
l)
die Haftung bei der Herstellung, der Instandhaltung und bei Serviceleistungen beurteilen,
m)
Erfordernisse der Arbeitssicherheit, des Gesundheitsschutzes, des Datenschutzes und des Umweltschutzes darstellen; Gefahren beurteilen und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr festlegen,
n)
Betriebs-, Lager- und Baustellenausstattung sowie Logistik planen und darstellen.
(4) Die Prüfung im Teil II ist schriftlich durchzuführen. Sie soll insgesamt nicht länger als neun Stunden dauern. Eine Prüfungsdauer von sechs Stunden täglich darf nicht überschritten werden.
(5) Wurden in höchstens zwei der in Absatz 2 genannten Prüfungsfächer jeweils mindestens 30 und weniger als 50 Punkte erreicht, kann in einem dieser Prüfungsfächer eine mündliche Ergänzungsprüfung durchgeführt werden, wenn diese das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ermöglicht.
(6) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung. Über das Ergebnis der Prüfung im Prüfungsfach nach Absatz 2 Nummer 1 stellt der Meisterprüfungsausschuss dem Prüfling nach Bestehen des Teils II der Meisterprüfung eine Bescheinigung aus. Die Prüfung des Teils II ist nicht bestanden, wenn
1.
ein Prüfungsfach mit weniger als 30 Punkten bewertet worden ist oder
2.
nach durchgeführter Ergänzungsprüfung zwei Prüfungsfächer jeweils mit weniger als 50 Punkten bewertet worden sind.
(+++ § 6 Abs. 5 u. 6: Zur Anwendung vgl. § 8 +++)

§ 7 Allgemeine Prüfungs- und Verfahrensregelungen, weitere Regelungen zur Meisterprüfung

(1) Die Vorschriften der Meisterprüfungsverfahrensverordnung vom 17. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4154) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.
(2) Die Prüfung in den Teilen III und IV der Meisterprüfung bestimmt sich nach der Allgemeinen Meisterprüfungsverordnung vom 26. Oktober 2011 (BGBl. I S. 2149) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 8 Übergangsvorschrift

Die Regelungen des § 6 Absatz 5 und 6 gelten nicht für die bis zum 31. Dezember 2011 begonnenen Prüfungsverfahren. Diese werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 9 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 2002 in Kraft.