Bogenmachermeisterverordnung

Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Bogenmacher-Handwerk

Eingangsformel

Auf Grund des § 45 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I S. 1), der zuletzt gemäß Artikel 33 der Verordnung vom 21. September 1997 (BGBl. I S. 2390) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie:

§ 1 Berufsbild

(1) Dem Bogenmacher-Handwerk sind folgende Tätigkeiten zuzurechnen:
Entwurf, Herstellung, Instandhaltung und Restaurierung von Bögen für Streichinstrumente, insbesondere Violinen-, Bratschen-, Cello-, Baß- und Gambenbögen.
(2) Dem Bogenmacher-Handwerk sind folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zuzurechnen:
1.
Kenntnisse der Bögen für Streichinstrumente,
2.
Kenntnisse der berufsbezogenen Roh-, Werk- und Hilfsstoffe, insbesondere der Holzarten,
3.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften des Artenschutzes,
4.
Kenntnisse der berufsbezogenen Werkzeuge, Geräte und Maschinen,
5.
Kenntnisse der berufsbezogenen Musik- und Musikinstrumentengeschichte sowie der Stilkunde, insbesondere der Bogenbauschulen,
6.
Kenntnisse auf dem Gebiet der Musiktheorie,
7.
Kenntnisse der Gewichtsverteilung, Spannung und Elastizität von Bögen,
8.
Kenntnisse der Stricharten von Bögen,
9.
Kenntnisse der Instandhaltung und Restaurierung von Bögen,
10.
Kenntnisse der Arten und Eigenschaften von Streichinstrumenten und den zugeordneten Bögen,
11.
Kenntnisse der berufsbezogenen Normen und Maße,
12.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften des Umweltschutzes, insbesondere des Immissionsschutzes,
13.
Kenntnisse der berufsbezogenen Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes,
14.
Entwerfen und Anfertigen von Werkzeichnungen,
15.
Vierteln und Spalten der Hölzer sowie Zuschneiden der Bretter und Stangen,
16.
Bearbeiten von Holz, insbesondere Spalten, Sägen, Drehen, Hobeln, Feilen, Bohren, Stechen, Schleifen und Krätzen,
17.
Aushobeln der rohen Bogenstangen sowie Aussägen des Kopfes,
18.
Biegen, Ankanten und Hobeln der Stangen,
19.
Ausformen des Kopfes, insbesondere durch Schnitzen und Feilen,
20.
Anfertigen von Rohstöckchen, insbesondere durch Spalten, Sägen, Stechen und Raspeln von Ebenholz,
21.
Bearbeiten von Edelmetallen, insbesondere Sägen, Walzen, Feilen, Stanzen, Stiften und Löten,
22.
Montieren der Metall- und Perlmutterteile zum Frosch,
23.
Ausformen des Frosches,
24.
Anfertigen des Beinchens,
25.
Aufpassen und Zusammensetzen von Stange, Frosch und Beinchen,
26.
Sortieren, Binden und Einziehen von Haaren,
27.
Kontrollieren und Korrigieren des Bogens,
28.
manuelle und maschinelle Oberflächenbearbeitung, insbesondere Beizen, Ölen und Polieren,
29.
Anbringen der Bewicklung,
30.
Pflegen und Instandhalten von Bögen,
31.
Pflegen und Instandhalten der berufsbezogenen Werkzeuge, Geräte und Maschinen.

§ 2 Gliederung, Dauer und Bestehen der praktischen Prüfung (Teil I)

(1) In Teil I sind eine Meisterprüfungsarbeit anzufertigen und eine Arbeitsprobe auszuführen. Bei der Bestimmung der Meisterprüfungsarbeit sollen die Vorschläge des Prüflings nach Möglichkeit berücksichtigt werden.
(2) Die Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit soll nicht länger als acht Arbeitstage, die Ausführung der Arbeitsprobe nicht länger als acht Stunden dauern.
(3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I sind jeweils ausreichende Leistungen in der Meisterprüfungsarbeit und in der Arbeitsprobe.

§ 3 Meisterprüfungsarbeit

(1) Als Meisterprüfungsarbeit ist eine der nachstehend genannten Arbeiten anzufertigen:
1.
ein Geigenbogen,
2.
ein Bratschenbogen,
3.
ein Cellobogen,
4.
ein Baßbogen nach deutschem oder französischem Modell.
(2) Der Prüfling hat vor Anfertigung der Meisterprüfungsarbeit dem Meisterprüfungsausschuß das zu verwendende Material und die Vorkalkulation zur Genehmigung vorzulegen.
(3) Mit der Meisterprüfungsarbeit sind die Materialliste, die Werkzeichnung mit Maßangaben sowie die Vor- und Nachkalkulation vorzulegen.
(4) Die Materialliste, die Werkzeichnung mit Maßangaben sowie die Vor- und Nachkalkulation sind bei der Bewertung der Meisterprüfungsarbeit zu berücksichtigen.

§ 4 Arbeitsprobe

(1) Als Arbeitsprobe sind vier der nachstehend genannten Arbeiten auszuführen:
1.
Hobeln einer Bogenstange,
2.
Beziehen eines Bogens,
3.
Ausarbeiten eines ausgesägten und aufgeplatteten Kopfes,
4.
Aufpassen und Nacharbeiten einer Kopfplatte auf einen fertigen Bogen,
5.
Ausrichten einer Bogenstange,
6.
manuelles Anfertigen eines Frosches,
7.
manuelles Anschäften eines Kopfes mit Schwalbenschwanz,
8.
Anschäften eines Froschfüßchens und Aufpassen eines Froschringes,
9.
Anschäften eines Stangenendes und Aufpassen eines Frosches.
(2) In der Arbeitsprobe sind die wichtigsten Fertigkeiten und Kenntnisse zu prüfen, die in der Meisterprüfungsarbeit nicht oder nur unzureichend nachgewiesen werden konnten.

§ 5 Prüfung der fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II)

(1) In Teil II sind Kenntnisse in den folgenden fünf Prüfungsfächern nachzuweisen:
1.
Technische Mathematik:
a)
Material- und Verschnittberechnungen,
b)
Gewichtsberechnungen;
2.
Fachtechnologie:
a)
Herstellung, Instandhaltung und Restaurierung von Bögen für Streichinstrumente,
b)
Arten und Eigenschaften von Streichinstrumenten und den zugeordneten Bögen,
c)
Gewichtsverteilung, Spannung und Elastizität von Bögen,
d)
Stricharten von Bögen,
e)
berufsbezogene Normen und Maße,
f)
berufsbezogene Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes;
3.
Werkstoffkunde:Arten, Eigenschaften, Bezeichnungen, Verwendung, Verarbeitung, Lagerung und Entsorgung der berufsbezogenen Roh-, Werk- und Hilfsstoffe;
4.
Stilkunde, Musik- und Musikinstrumentengeschichte, Musiktheorie:
a)
Stilkunde, insbesondere Bogenbauschulen,
b)
Musik- und Musikinstrumentengeschichte, insbesondere der Bögen für Streichinstrumente,
c)
Musiktheorie;
5.
Kalkulation:Kostenermittlung unter Einbeziehung aller für die Preisbildung wesentlichen Faktoren.
(2) Die Prüfung ist schriftlich und mündlich durchzuführen.
(3) Die schriftliche Prüfung soll insgesamt nicht länger als sechs Stunden, die mündliche je Prüfling nicht länger als eine halbe Stunde dauern. In der schriftlichen Prüfung soll an einem Tag nicht länger als sechs Stunden geprüft werden.
(4) Der Prüfling ist von der mündlichen Prüfung auf Antrag zu befreien, wenn er im Durchschnitt mindestens gute schriftliche Leistungen erbracht hat.
(5) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II sind ausreichende Leistungen in dem Prüfungsfach nach Absatz 1 Nr. 2.

§ 6 Übergangsvorschrift

Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung laufenden Prüfungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt.

§ 7 Weitere Anforderungen

Die weiteren Anforderungen in der Meisterprüfung bestimmen sich nach der Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk vom 12. Dezember 1972 (BGBl. I S. 2381) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 8 Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 1. April 1998 in Kraft.
(2) Die auf Grund des § 122 der Handwerksordnung weiter anzuwendenden Vorschriften sind, soweit sie Gegenstände dieser Verordnung regeln, nicht mehr anzuwenden.